Amtsjubiläum von Papst Franziskus
Bescheiden, beliebt – und umstritten
Stand: 13.03.2015 09:07 Uhr
Seit zwei Jahren ist Papst Franziskus im Amt und macht dabei vieles anders als seine Vorgänger. Das kommt außenpolitisch oft gut an, doch in der Kurie hat sich der Argentinier nicht nur Freunde gemacht.
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom
Auch im zweiten Jahr im Amt wird es mit diesem Papst nicht langweilig: Dass Franziskus zum Telefonhörer greift und Menschen anruft, die ihm einen Brief geschrieben haben, dass er sich bei Generalaudienzen Kannen mit Mate-Tee reichen lässt, daran hat man sich im Lauf der Zeit gewöhnt.
Neulich ließ der Bischof von Rom bei einem Gemeindebesuch in seiner Stadt den Wagen vor einer Barackensiedlung anhalten – wieder so ein franziskanisches Überraschungsmoment – nicht nur für seine Begleiter, auch für die Bewohner.
Engagement für die Armen
Der Besuch des Kirchenoberhauptes löst ungläubiges Staunen aus. Dabei passt er ins Programm dieses Papstes. In dieser Armensiedlung am Rande Roms leben Migranten aus Lateinamerika, Menschen, die für ein paar hundert Euro im Monat in den Haushalten der Stadt schuften.
Vor allem für diese Menschen müsse sich die Kirche engagieren, das ist das Credo von Franziskus. „Die Hauptursache der Armut ist ein Wirtschaftssystem, in dem es nicht mehr um den Menschen geht, sondern um den Gott Geld“, kritisiert der Papst. „Dieses System grenzt aus. Immer.“
Der Papst kümmert sich höchstpersönlich um die Ausgegrenzten in Rom. Als es mal wieder stark regnete, ließ er Regenschirme an die Obdachlosen verteilen. Seit Neuestem gibt es Duschen am Petersplatz für Menschen ohne eigenes Zuhause.
Begeisterung in Rom…
Die Römer sind begeistert von ihrem Papst. „Ich habe mit der Kirche nicht viel zu tun, bin aber sehr froh, dass wir einen Papst haben, der so nah an den Menschen ist“, sagt ein Bewohner. „So einen Papst haben wir gebraucht: eine ganz einfache Person“, heißt es auch. Er sei ein „außerordentlicher Papst, demütig wie ein Priester“, loben andere.
Der Weltpriester Franziskus versucht die Sprache der Menschen sprechen. Er liebt einfache Bilder, prägnante Formulierungen – und vergreift sich manchmal im Ton. Auch das ist überraschend, deshalb hält man neuerdings im Vatikan gespannt die Luft an, wenn der Papst beginnt, ohne Manuskript frei von der Leber weg zu reden.
Dossier
Papst Franziskus – der Neue im Vatikan
Die römisch-katholische Kirche hat ein neues Oberhaupt. | mehr
…trotz umstrittener Äußerungen
Bei einer Generalaudienz sprach er über Erziehung und zitierte einen Vater, der ihm gesagt habe, manchmal müsse er seinen Sohn ein wenig verhauen. „Aber nie ins Gesicht, um ihn nicht bloßzustellen.“ Das sei der Sinn der Würde, so Franziskus: „Er muss bestrafen, auf gerechte Weise und dann weitergehen.“
Prügeln mit Würde. Für Sätze wie diesen wurde der Papst in der jüngsten Zeit stark kritisiert, hat aber dennoch nichts an seiner Popularität eingebüßt.
Franziskus genießt einen Sympathiebonus im Kirchenvolk. Die deutsche Vatikanbotschafterin Annette Schavan konstatiert eine ungewöhnliche atmosphärische Veränderung in den vergangenen zwei Jahren: „Es gibt eine Aufmerksamkeit für Worte des Papstes, die weit über die katholische Welt hinausgeht.“
Internationale Aufmerksamkeit
Franziskus beschert der katholischen Kirche eine ganz neue Aufmerksamkeit. Der Vatikan wird als Gesprächspartner ernst genommen. Vor wenigen Wochen war Bundeskanzlerin Merkel in Rom, um sich mit dem Papst über den geplanten G7-Gipfel in Deutschland auszutauschen.
Franziskus ist ein unbequemer Mahner für den Frieden und eine gerechtere Weltordnung. Hinter den Kulissen wirke er als Diplomat, so Papstsprecher Federico Lombardi: „Was international auf großes Interesse gestoßen ist – auch ein bisschen überraschend – war der Dank von Barack Obama und Raul Castro an Papst Franziskus für seinen Beitrag an der Erneuerung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba. Hier wurde klar, dass sich Papst Franziskus persönlich engagiert hat.“
Widerstand in der Kurie
Außenpolitisch kann der Papst punkten, innenpolitisch stößt er auf Widerstände: Das Murren im Vatikan ist unüberhörbar. Manche Mitarbeiter halten die Spontaneität des Papstes für unprofessionell, andere fürchten die von Franziskus angestrebte Kurienreform samt absoluter Transparenz in Finanzfragen. Der Papst spürt diese Widerstände und hat in seiner Weihnachtsansprache vor den Kardinälen mit drastischen Worten darauf reagiert: „Ein ganz normaler Besuch auf dem Friedhof kann uns helfen, die Namen all der Personen zu sehen, die sich für unersetzbar hielten.“
Diese Ansprache, in der Franziskus seinen engsten Mitarbeitern 15 Krankheiten attestierte, liefert einen Schlüssel zu seinem Verständnis von Kirchenreform. Dem Papst gehe es dabei nicht so sehr um Struktur- oder Machtfragen, sondern um die Veränderungsbereitschaft des Einzelnen, so die Botschafterin Deutschlands am Heiligen Stuhl, Annette Schavan. Ihr zufolge haben schon die Worte und die Bilder und die Ausstrahlung viel bewirkt. „Ein Pontifikat ist ja nie nur konzentriert auf Institutionen, auf Politik. Immer geht es auch darum, wie wird eigentlich jeder einzelne von uns angesprochen.“
Noch ist der Ertrag dieser Überzeugungsarbeit des Papstes kaum greifbar. Doch in diesem Jahr, seinem dritten als Papst, könnte einiges passieren: Die Reform der Kurie nimmt Gestalt an und im Herbst findet in Rom eine Synode statt, in der über eine Öffnung der katholischen Familienlehre beraten und abgestimmt wird. Überraschungen nicht ausgeschlossen.
Mehr zu diesem Thema:
Papst Franziskus bringt die Kirche in Bewegung, 14.12.2014
Dossier: Dossier: Papst Franziskus – der Neue im Vatikan, 15.3.2013
Weltatlas | Italien
via Amtsjubiläum von Papst Franziskus : Bescheiden, beliebt – und umstritten | Das Journal- http://peter-wuttke.de.
Gefällt mir Wird geladen …